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Die zwei großen Gegensätze Dass die Reformation die Kirche einst spaltete und gelebte Ökumene bis heute ein schwieriges Thema darstellt, war mir durchaus bewusst. Aber erst an diesem Ort erkannte ich, wie einschneidend die Thesen Luthers das damalige Leben verändert hatten. Denn hier standen sie sich gegenüber, die evangelische Nikolaikirche, die einst katholische Leutekirche, und die Klosterkirche Sankt Georg und Jakobus. Bis der Geist der Reformation Isny erreichte, war alles katholisch gewesen – Kloster, Stadt und Umland. Gemeinsam feierte man in der Nikolaikirche die Messe, die Klosterkirche war in Zeiten strenger Klausur den Mönchen vorbehalten. Der freie Geist der Städter, ausgelöst durch die Sicht- und Denkweise der Kaufleute, die durch ihre länderübergreifende Geschäftstätigkeit Bildung und Weltoffenheit in der Stadt repräsentierten, war offen für die Bewegung, die Luther entfesselt hatte. Fortan war die Stadt samt Nikolaikirche evangelisch, das Umland und das Kloster blieben katholisch. Was sich im Leben strikt trennte, kam im Tod auf dem städtischen Friedhof wieder zusammen und das nicht ohne Konflikte. Ich musste schmunzeln über so manchen Streit, den die Totenfahne der Katholiken beim Zug durch die Stadt auslöste. Trotz aller Spannungen in der Geschichte war dieser Ort doch einer, der mir zeigte, dass auch Unterschiede nebeneinander leben können.